Blog 07: Mut zur Überwindung der Lethargie

Herzlichen Dank für die Analyse, wir werden dann mal so weiter machen wie bisher. — Dies die Antwort eines Kunden auf die Resultate aus der Nachfolge-Stand­ort­be­stimmung. Es braucht Mut zur Überwindung der Lethargie. 

Das Erfolgs­rezept heisst: Mutig die notwen­digen Schritte anpacken.

Die Themen sind gebündelt und aufbe­reitet. Mit den wichtigsten Punkten wurde eine Ausle­ge­ordnung gemacht, um diese Schritt­weise anzugehen. Dem Neuanfang steht nichts mehr im Wege. Was jedoch, wenn die betei­ligten Personen nach der sorgfäl­tigen, zeitin­ten­siven Analyse zum Schluss kommen, dass sie lieber den Weg wie gewohnt weiter­gehen? Im Sinne von: „Herzlichen Dank für die Analyse, wir werden dann mal so weiter machen wie bisher.“

Wie ist eine solche Reaktion zu erklären? Für eine externe Person völlig unver­ständlich, … wurde doch zusammen „ein Plan“ erarbeitet, um das Unter­nehmen erfolg­reich in die Zukunft zu steuern. Wer hier von einem Einzelfall ausgeht, der irrt. In der Praxis sind solche Situa­tionen oft anzutreffen. Was sind die Gründe für eine solche Lethargie und wie kann damit umgegangen werden?

In einem solchen Analy­se­prozess geht es um heikle, auch um emotionale Themen. Ein marodes Geschäfts­modell, eine angeschlagene Führungs­struktur, eine schwä­chelnde Ehe, ein intri­ganter Mitar­beiter, oder grosse Lücken in der eigenen Vorsorge sind nur einige, konkrete Beispiele, welche bei einem Auswer­tungs­ge­spräch mit einer Unter­neh­mer­fa­milie auf den Tisch kommen können. Oft wird zum ersten Mal offen über alles geredet. Die Auswertung der geführten Gespräche beinhaltet auch eine Ausle­ge­ordnung, inklusive nahelie­genden, gefor­derten Umset­zungs­schritten. Diese Ausle­ge­ordnung und der explizite Handlungs­apell führen nicht selten zu einer inhalt­lichen, fachlichen und emotio­nalen Überfor­derung der betei­ligten Personen. Diese reagieren in manchen Fällen mit einer spontanen Abwehr­haltung. Die Fülle an Infor­ma­tionen und das Entdecken der vielen „Baustellen“ im Unter­nehmen, dies ist im ersten Moment oft «zu viel».

Da sind zum Beispiel viele zufriedene Kunden und die Bestä­tigung, dass das Unter­nehmen 25 Jahre am Markt bestehen konnte. So schlecht kann man „es“ ja offenbar nicht machen und gemacht haben. Ketze­risch könnte man sagen: Der eigene (Überlebens)Erfolg ist Grund genug, über Jahre hinweg eigene blinde Flecken zu erschaffen und beizubehalten.

Bei welchem Baum soll nun als erstes angesetzt werden, um einen ersten Sonnen­strahl, etwas Licht ins Dickicht und Unterholz zu bringen? Emotionale Überfor­derung macht das Auswählen der richtigen Bäume noch schwie­riger. Der Förster beginnt auch nicht wahllos Bäume zu fällen. Nach einer Begehung des Waldes und der Besich­tigung aller Bäume kennzeichnet er bewusst und gezielt die zu fällenden Bäume. In einem zweiten Schritt überlegt er sich, in welcher Reihen­folge und vor allem auch in welche Fallrichtung er diese dann auch fällen kann, ohne dass dabei bei anderen Bäumen einen Schaden anzurichten. Genau dies ist das beste Vorgehen in einer solchen Situation: Ein gezielter, schritt­weiser und geplanter Neuanfang. Und nicht zu vergessen: gleich­zeitig an die Auffor­stung denken!

Als Berater und Begleiter die Zuver­sicht zu behalten, fällt nicht immer leicht. Und trotzdem – und das stimmt mich wiederum positiv – haben noch alle Unter­nehmer, ausnahmslos, schluss­endlich den Mut gefasst, und den Kontakt wieder aktiv gesucht. Schluss­endlich haben sie, etappiert, einen Baum nach dem anderen identi­fi­ziert und  in die nötige Form gebracht.

Die Stand­ort­be­stimmung ist der erste Schritt. Persönlich vertrete ich die Auffassung, dass die Dinge an einem Tag X bewusst angesprochen und auf den Tisch gebracht werden müssen. Nur wenn alle Infor­ma­tionen vorliegen, kann ein ganzheit­liches Konzept erstellt werden, um den notwen­digen Entwick­lungs­prozess zu gestalten. Entwick­lungs­prozess bedeutet, dass über Monate oder gar Jahre das Dickicht bearbeitet wird und der Entwick­lungs­stand immer wieder neu beurteilt wird. Es braucht Mut, den ganzen Wald genau zu studieren. Aber der Bulldozer ist in der Regel nicht die geeignete Strategie.

Picture of Frank Halter

Frank Halter

Frank Halter ist ausgewiesener Nachfolgeexperte, der sich seit vielen Jahren mit Passion für Nachfolgelösungen einsetzt, die Bestand haben und für alle ein Gewinn sein sollen: für das KMU, für die übergebende und die übernehmende Generation. Er hat das St. Galler Nachfolge-Modell mitentwickelt und betreibt die «St. Galler Nachfolge-Praxis», eine unabhängige Plattform für Wissen und Erfahrung rund um das Thema Unternehmensnachfolge.

Das könnte Sie auch noch interessieren