Blog 08: Gibt es eine Zukunft ohne Herkunft?

Liegt die Zukunft des Unter­nehmens primär in der Herkunft? Oder gibt es eine Zukunft ohne Herkunft? Im Nachfol­ge­prozess gilt es, sehr früh die Frage zu stellen, ob die Nachfolge-Würdigkeit und die Nachfolge-Fähigkeit des Unter­nehmens gegeben ist. Diese strate­gische Frage gilt es unbedingt unter der Einbindung von beiden Genera­tionen zu bearbeiten! 

Eine Nachfolge wirft viele Fragen auf: Der Unter­nehmer muss sich intensiv mit seiner Firma beschäf­tigen, im Falle eines Famili­en­un­ter­nehmens ist auch eine Ausein­an­der­setzung mit der Familie notwendig. Am Anfang aller Fragen sollte geklärt werden, ob das Unter­nehmen Nachfolge-Würdig und auch Nachfolge-Fähig ist. Für den Firmen­in­haber keine einfach-rationale Frage, hat er doch viel Herzblut investiert.

Als erste Hilfe­stellung für eine Beurteilung kann die SWOT-Analyse dienen. SWOT steht für Strenghts-Weaknesses-Oppor­tu­nities-Threats. Sie ist ein bewährtes, verbrei­tetes Instrument, um Stärken, Schwächen, Chancen und Gefahren eines Unter­nehmens im Kontext des Unter­nehmens (Innen­sicht), aber auch im Rahmen der Umwelt darzu­stellen (Aussen­sicht). So verbreitet das Instrument ist — in der Praxis ist es schwierig, dieses auch konse­quent und zielführend zu nutzen. Mit einem selbst­kri­ti­schen Blick auf das Unter­nehmen, kann sie aber gerade im Nachfol­ge­prozess Antworten auf die Fragen der Nachfolge-Würdigkeit und der Nachfolge-Fähigkeit liefern. Die Aussen­sicht (Chancen und Gefahren) zeigt die Existenz­be­rech­tigung des Unter­nehmens. So können zum Beispiel tradi­ti­ons­reiche Famili­en­un­ter­nehmen das Problem haben, dass ihr Handwerk von einer Techno­logie verdrängt wird und „ausstirbt“.

Die Innen­sicht, also die Nachfolge-Fähigkeit kann angegangen werden, wenn die Nachfol­ge­wür­digkeit per se gegeben ist. Im Zentrum steht dabei die Frage der Rolle des Unter­nehmers. Meist sind Kleinst­un­ter­nehmen mit einer Grösse von 1–3 Mitar­beitern nicht oder nur bedingt Nachfolge-Fähig, da das Unter­nehmen zu klein und zu perso­nen­fo­kus­siert ist oder der Unter­nehmer nicht loslassen kann. Ebenso zu beleuchten sind andere Bereiche des Unter­nehmens wie Kunden­stamm, Lager, Mitar­beiter, Know-How und Liegenschaft.

Stellt sich bei der SWOT-Analyse heraus, dass gewisse Bereiche des Unter­nehmens die Nachfolge-Fähigkeit nicht erfüllen, so sind diese unbedingt anzupacken. Die Hausauf­gaben müssen gemacht werden, ansonsten wird eine erfolg­reiche Nachfolge gefährdet. Ist das Unter­nehmen zu informell struk­tu­riert, so sind Führungs­struktur und Organi­sation zu forma­li­sieren. Eine über lange Zeit gewachsene infor­melle Struktur über Zustän­dig­keiten, kann beim Wechsel von Schlüs­sel­per­sonen ins Wanken geraten. So sind wir kürzlich wieder einem Unter­nehmen begegnet, das aktuell eine ISO-Zerti­fi­zierung vornimmt – nicht etwa weil es die Kunden erwarten – nein! Das Haupt­ar­gument liegt in der inneren Überzeugung des Unter­nehmers, dass nicht nur die Schnitt­stel­len­op­ti­mierung, sondern vor allem deren Dokumen­tation einen wesent­lichen Infor­ma­ti­ons­beitrag leistet.  Damit wird ein Fundament gelegt, welches bei einem künftigen Verkauf des Unter­nehmens an einen Dritten Vertrauen schaffen wird: auf alle Seiten.

Für jede „Hausaufgabe“ sollte genug Zeit einge­plant werden. Mit diesem selbst­kri­ti­schen Blick auf das Unter­nehmen ist eine gute Ausgangslage für eine erfolg­reiche Nachfolge geschaffen. Diese „Selbst­kritik“ ist nicht immer neutral: Das Selbstbild kann stark vom Fremdbild abweichen. Ein Austausch mit externen Personen, wie dem VR, Freunden oder auch Beratern ist sehr zu empfehlen.

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Frank Halter

Frank Halter ist ausgewiesener Nachfolgeexperte, der sich seit vielen Jahren mit Passion für Nachfolgelösungen einsetzt, die Bestand haben und für alle ein Gewinn sein sollen: für das KMU, für die übergebende und die übernehmende Generation. Er hat das St. Galler Nachfolge-Modell mitentwickelt und betreibt die «St. Galler Nachfolge-Praxis», eine unabhängige Plattform für Wissen und Erfahrung rund um das Thema Unternehmensnachfolge.

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