Blog 33: Die KMU-Vision gestalten und umsetzen – was es dazu braucht.

Viele Wege führen ins Unter­neh­mertum. Was braucht es, damit der – vielleicht schon lang gehegte – Herzens­wunsch Realität werden kann und wie stelle ich sicher, dass meine Vorstel­lungen, die ich von Unter­neh­mertum habe, auch der Realität entsprechen? Wie Sie von Ihrer KMU-Vision nicht nur träumen, sondern diese auch konkret gestalten und wirksam umsetzen, darum geht es in diesem Blogbeitrag. Wir fokus­sieren uns dabei auf die KMU-Übernahme (Nachfolge) und nicht auf die Ausgangslage, eine Firma neu zu gründen.

Die Zutaten für Unter­neh­mertum sind schnell auf dem Tisch ausgelegt – könnte man meinen: es braucht eine Firma, Durch­hal­te­willen, Köpfchen und Geld, die passenden Rahmen­be­din­gungen und eine starke Vision. Wie nun aber gestaltet man daraus etwas, das weiter gedeiht, den eigenen Vorstel­lungen entspricht und einem erfüllt? Braucht es noch weitere Zutaten, um Unter­neh­mertum zu leben und falls ja, was muss dabei beachtet werden?

Um den Traum vom Unter­neh­mertum konkret zu gestalten und umzusetzen, braucht es aus unserer Perspektive:

  • die passenden Rahmen­be­din­gungen und dazu gehören: eine Firma, die passt, ein Umfeld, das meine Vision mitträgt und persön­liche Rahmen­be­din­gungen wie z.B. finan­zielle Mittel, die Unter­neh­mens­über­nahme möglich machen, aber auch Fähig­keiten und Kompe­tenzen, die mich dazu befähigen in die Rolle als Unternehmer:in hineinzuwachsen.
  • viel Infor­ma­tionen und Trans­parenz: ich muss wissen (und verstehen), wie die Firma tickt, ich muss verstehen, wie der Mensch tickt, dem die Firma aktuell gehört und der sie führt und last but überhaupt nicht least muss ich mich selbst verstehen, meine Beweg­gründe, meine Werte und Erwar­tungs­hal­tungen, meine Ziele und Prioritäten.
  • auf die Realität überprüfte Erwar­tungs­haltung, was Unter­neh­mertum angeht: Was verbinde ich mit Unter­neh­mertum und ist das auch die Realität, resp. kann diese Erwar­tungs­haltung eingelöst werden, mit der Nachfolge, die ich ins Auge fasse?
  • Und schliesslich, wenn das alles geklärt und gegeben ist, dann braucht es einen wirksamen Nachfol­ge­prozess. Einen Nachfol­ge­prozess, der im Idealfall von einer erfah­renen Person ganzheitlich begleitet wird und während dem man gemeinsam eine Nachfol­ge­lösung gestaltet, die für alle Invol­vierten und auch für das Unter­nehmen nachhaltig tragbar ist und einen Gewinn darstellt.

Die vier Bereiche beein­flussen sich wechsel­seitig. Wir empfehlen ein schritt­weises Vorgehen, um für sich Klarheit zu erlangen und sich so eine Grundlage zu erarbeiten, um der persön­lichen Vision Leben einzuhauchen. 

Vision und Selbstverständnis überprüfen

Wer davon träumt, Unter­neh­merin oder Unter­nehmer zu sein, sollte seine persön­liche Vision kritisch hinter­fragen und überprüfen, ob sie wirklich erstre­benswert ist — ganz allgemein und (falls schon bekannt) auch im konkreten Nachfolge-Kontext. Folgende Fragen sind zentral, um eine persön­liche Vision der eigenen zukünf­tigen Unter­neh­mer­tä­tigkeit zu entwickeln:

  • Was verbinde ich mit Unter­neh­mertun? Welche Vorstel­lungen, Erwar­tungen, Emotionen, Wünsche und Hoffnungen?
  • Wieso möchte ich diese Arbeits- und Lebensform wählen?
  • Weshalb macht es Sinn für mich?
  • Welche Werte, Normen, Überzeu­gungen machen mich aus (Haltung)?
  • Welche Fähig­keiten, Kompe­tenzen und persön­lichen Ressourcen bringe ich mit (Bereit­schaft)?

Entscheidend ist es, diese persön­lichen Vorstel­lungen mit der Realität abzugleichen. Ist Unter­neh­mertum in Realität das, was ich mir darunter vorstelle?

Wer Unter­nehmer sein will, braucht einen grossen Willen, Durch­hal­te­ver­mögen und die Bereit­schaft mit Dingen umzugehen, die man so nicht vorge­sehen hat und auch unangenehm sein können.

Michael Müller, Nachfolger und Unternehmer

Hilfreich kann auch sein, die eigenen Vorstel­lungen für die Zukunft (Vision und Wünsche) und zur eigenen Person (Selbst­ver­ständnis, persön­liche Situation und eigene Werte), mit Eindrücken von anderen Personen zu überprüfen und das Selbstbild mit einem Fremdbild zu ergänzen. Der Schritt zu einer persön­lichen Stand­ort­be­stimmung erfolgt damit schon fast fliessend.

Standortbestimmung für mehr Klarheit

Die eigene Vision, sich selber und die Rahmen­be­din­gungen zu reflek­tieren, ist zentral. Auch für einen allfäl­ligen Nachfol­ge­prozess, den man — je nachdem — später beschreitet. Nebst der Selbst­re­flexion empfehlen wir, auch mit einer Dritt­person in den Austausch zu gehen, die auf dem Gebiet metho­disch geschult und unter­neh­me­risch erfahren ist. Wer die persön­liche Motivation versteht und seine Werthal­tungen und Überzeu­gungen kennt, schafft die Grundlage, um später mit der überge­benden Generation in den Dialog zu gehen und den Nachfol­ge­prozess und die persön­liche Vision wirksam zu gestalten. 

Ich habe mir selber die Frage oft gestellt, ob ich die richtige Person bin. Nur weil ich Familie bin, heisst das nicht, dass ich auch die richtige Person für die Zukunft der Firma bin.

Fabienne Schaub, Nachfol­gerin und Unternehmerin

Eine Stand­ort­be­stimmung sollte folgende Aspekte beleuchten:

  • sich selbst als Person: Werte, Normen, Überzeu­gungen (Haltung), Fähig­keiten und Kompe­tenzen, Ressourcen (Bereit­schaft), Handlung und Strukturen
  • sein persön­liches und familiäres Umfeld
  • das Unter­nehmen und dessen Kultur, Strategie und Struktur
  • Nachfol­ge­prozess

Je nach Nachfol­geform, die im Vorder­grund steht, können bei der Stand­ort­be­stimmung andere Fragen relevant sein. Mehr dazu finden Sie in unserem Dossier Schrift Nr. 03: KMU Nachfolge und meine Vision

Passt es zusammen?

Nachdem ich mich mit mir und meinem Umfeld ausein­an­der­ge­setzt habe und verstehe, weshalb ich für meine Vision brenne, für welche Werte ich stehe, was mir wichtig ist und wie meine Rahmen­be­din­gungen sind, geht es in einem nächsten Schritt darum, das grosse Ganze zu betrachten und die Reali­sier­barkeit meiner Vision zu überprüfen. 

Um dabei struk­tu­riert vorgehen zu können, sollte man sich die drei Kernpar­teien vor Augen zu führen, um die es bei einer Nachfolge geht, nämlich:

  • die Partei, die verkauft / übergibt (Übergeber:innen)
  • die Partei, die kauft / übernimmt (Nachfolger:innen)
  • das Unter­nehmen (Verkaufs-/ Übertragungsobjekt)
Nachfolgeprozess mit drei Kernparteien
Abb. 1: Unter­nehmen und Individuum beein­fluss sich gegenseitig.

Um zu erfahren und zu verstehen, wie die Firma und der Mensch tickt, der die Firma aktuell führt und dem sie gehört, dafür braucht es Infor­mation und Trans­parenz. Sich dieses Wissen anzueignen und es gezielt zu erhalten, ist ein wichtiger Erfolgs­faktor im Rahmen eines Nachfolgeprozesses.

  • Inwiefern stimmen die Haltung Vorgänger/Verkäufer – Unter­neh­mens­kultur – Haltung Nachfolge/Käufer überein und was bedeutet das für mich und meine Vision?
  • Ist Unter­neh­mertum für mich in diesem Kontext die gewünschte beruf­liche Vision?

Die Infor­ma­tions-Asymmetrie ist je nach Nachfol­geform (FBO, MBO oder externer Nachfolge-Inter­essen) unter­schiedlich ausge­prägt, bedeutet aber in jedem Fall ein gewisses Risiko für den Erfolg des Nachfolgeprozesses. 

Eine grosse Heraus­for­derung ist der Infor­ma­ti­ons­stand, der nicht der gleiche ist. Es ist wichtig, dass im ständigen Dialog ein Wissens­transfer statt­findet und Infor­ma­tionen abgeglichen werden.

Claudia Buchmann, Nachfolgeexpertin

Es braucht Trans­parenz, damit der Wissens­stand der Parteien angeglichen werden kann. Ein gemein­samer Dialog, in dem Haltung, Werte und Kultur thema­ti­siert werden, kann dabei hilfreich sein.

Die „Formel der gelingenden Nachfolge” als Kompass

Selbst wenn diese ersten Schritte erfolg­reich verlaufen – eine Garantie für eine gelin­gende Nachfolge ist das noch nicht. Damit die Nachfolge und damit die Verant­wor­tungs­übergabe oder das gemeinsame Wahrnehmen dieser Verant­wortung gelingt, braucht es späte­stens dann, wenn man sich im Nachfol­ge­prozess befindet ein Loslassen und ein Übernehmen. Bei diesem Prozess ist ein subtiles Zusam­men­spiel der drei Faktoren Wollen, Können und Dürfen vonnöten. Wir haben daraus die Formel der gelin­genden Nachfolge abgeleitet:

Voraussetzungen, damit ein Nachfolgeprozess gelingt: Loslassen und übernehmen wollen, können, dürfen.
Abb. 2: Damit eine Nachfolge gelingt, müssen die Invol­vierten loslassen und übernehmen wollen, können und dürfen.

Nur wenn die überge­bende Generation loslassen will, kann und darf und die überneh­mende Generation gleich­zeitig übernehmen will, kann und darf, ist die Voraus­setzung gegeben, dass ein Nachfol­ge­prozess erfolg­reich verlaufen kann.

Mehr zum Thema

Auf unserer Plattform finden Sie weiter­füh­rende Unter­lagen, um das Thema zu vertiefen. Unter anderem empfehlen wir Ihnen folgende Beiträge:

Im Download-Center stellen wir Ihnen diverse Unter­lagen und Arbeits­blätter kostenlos zur Verfügung.

Fotonachweis: Shutter­stock | Abbil­dungen: © St. Galler Nachfolge

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Monika Waldburger

Monika Waldburger ist in einem Familienunternehmen aufgewachsen, kennt die Welt der KMU und weiss, wie komplex und vielfältig ein Nachfolgeprozess sein kann. Sie ist Master Coach und Kommunikationsexpertin. Als Sparringpartnerin begleitet und berät sie Menschen, Teams und KMU bei Erkenntnis-, Veränderungs- und Transformationsprozessen.

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